Michael Blümelhuber

Michael Blümelhuber

(1865 – 1936)

Bedeutender Stahlschnittkünstler mit Meisteratelier in Steyr

Michael Blümelhuber (* 23. September 1865 in Unterhimmel-Christkindl; † 20. Januar 1936 in Steyr) war ein österreichischer Stahlschneider.

Leben und Werk

Blümelhuber gründete 1910 in Steyr ein Meisteratelier (aufgelöst 1942) und brachte durch den „Ajourschnitt“ den Stahlschnitt auf künstlerische Höhe. Seine Arbeiten wurden auf der Weltausstellung Paris 1900 international beachtet.

Der Stahlschnitt – oder auch Stahlgravur genannt – ist im weitesten Sinn eine Weiterentwicklung der Handgravurtechnik. Das Hauptaugenmerk liegt auf der plastischen, dreidimensionalen Gestaltung des Stahls. Diese Arbeitstechnik nahm ihren Ursprung in der Entwicklung der Werkzeugstahltechnologie im 17. Jahrhundert. Gearbeitet wird mit Meißeln und mit einem Ziselierhammer; die Feinarbeit geschieht mit Handgraviersticheln und Punzen, mit denen die Oberfläche geglättet und die Kontur ausgearbeitet wird. Zu Beginn wurden mit dieser Technik Gebrauchsgegenstände und Waffen gefertigt und veredelt. Erst Blümelhuber fertigte in dieser Technik auch Kunstgegenstände an. Zu seinen erhaltenen Werken zählen das „Kalksburger Kreuz“ (1911), der Schlüssel für den neuen Linzer Dom (1924) und ein Reliquienkreuz für St. Stephan (1927).

In Blümelhubers Wohn- und Arbeitsvilla in Steyr wurde später die Fachschule für Stahlschnitt und Gravur untergebracht.

  • Die „Blümelhuber-Villa“ wurde zwischen 1908-1910 nach Plänen des Wiener Architekten Professor Alfred Rodler im sezessionistisch-neubarocker Mischform errichtet.

Seine Grabstätte befindet sich am Steyrer Taborfriedhof. Im Jahr 1936 wurde in Wien Ottakring (16. Bezirk) die Blümelhubergasse nach ihm benannt.

Die Briefmarke „Blümelhuber“

Kunstvolle Bearbeitung von Eisen gab es schon in der Antike, in erster Linie als Oberflächendekor auf Waffen und Rüstungen. Neben dem Gravieren gewann der Eisenschnitt immer mehr an Bedeutung. Es handelt sich dabei um eine spanabhebende Bearbeitung des Eisens mit gehärteten kleinen Werkzeugen wie Meißel, Grabstichel, Bohrer, Feile und Punze. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts spricht man auf Grund der Veredelung des Eisens vom Stahlschnitt. In Steyr, seit dem Mittelalter Hauptsitz der Klingenschmiede, entwickelte sich die Kunst des Eisenschnittes. In der Rokokozeit geriet diese Kunst in Vergessenheit und wurde erst Ende des 19. Jahrhunderts durch die Künstler Gustav Ritzinger, Leo Zimpel und Michael Blümelhuber wiedererweckt. Im 20. Jahrhundert ragten besonders Hans Gerstmayr und Friedrich Mayr heraus. Letzterer ist auch als Entwerfer einer Anzahl von österreichischen Sonderbriefmarken hervorgetreten, so auch dieser Marke.

Michael Blümelhuber wird als größter Meister des Eisen- bzw. des Stahlschnitts bezeichnet. Es war seine entscheidende handwerkliche und künstlerische Leistung, dass er erstmals in der jahrhundertealten Geschichte des Eisenschnittes seine Werke aus dem vollen Material schnitt. Staat, Land und die Stadt Steyr erbauten das Meisteratelier für Stahlschnitt, die Landeskunstschule, in die Blümelhuber 1910 einzog – heute eine Zweigstelle der HTL Steyr „Fachschule für Metalldesign“. Blümelhuber schuf Jagdmesser, Bestecke, Scheren, Brieföffner und Schmuckstücke. Seine Hauptwerke waren jedoch in erster Linie symbolische Plastiken. Einige seiner Werke sind seit dem 2. Weltkrieg verschollen.

Der 29 cm große Linzer Domschlüssel ist das bekannteste Werk des Meisters. Herausgearbeitet aus einem Stahlblock von über 2 Kg Gewicht, wiegt das fertige Stück nur einen Halben Kilogramm. Blümelhuber schuf den Schlüssel 1924 zur Einweihung des Maria-Empfängnis-Doms in Linz. Der Bart des Schlüssels ist der wichtigste Teil. Blümelhuber schnitt das Kreuz aus dem Bart. Neben dem Kreuz Wurzeln schlagend rankt sich am durchbrochenen Schlüsselschaft die Blume der Liebe – die Rose – empor, gemeinsam mit dem Spruchband “APERIT ET NEMO CLAUDIT; CLAUDIT ET NEMO APERIT“. D.h. Er öffnet und niemand schließt, er schließt und niemand öffnet. Im Schlüsselgriff blüht ein Lilienstrauß auf, Symbol der Reinheit und Unschuld. Darüber schwebt der Heilige Geist als Taube. In den beiden mittleren Vierpassrundungen kniet je ein Engel, er verehrt mit gefalteten Händen die Lilie – das Mysterium der Gottesmutter. Der Domschlüssel, der seit 1924 im Besitz des OÖ Landesmuseums ist, wurde 1985 an Bischof Aichern von Linz übergeben und ist jetzt in seiner vorgesehenen Heimstätte, dem Maria-Empfängnis-Dom zu Linz.

Quellen:

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Brief von M. Blümelhuber an J. Gerstmayr 23.6.1915:

Transkription des Briefes von Michael Blümelhuber an Johann Gerstmayr 1915

Meister-Atelier für Stahlschnitt in Steyr

Lieber Herr Gerstmayr!

Ich war sehr überrascht und erfreut, als sich heute (der dritte Besuch an einem Vormittag) Herr Dr. Froewis und Frau vorstellten und von Ihnen Grüße brachten.

Sie sehen es geht mitten im Krieg auch recht lebhaft zu, am Meister Atelier. Ich hatte eben einen stillen Segenswunsch gemurmelt, um mich dann umso herzlicher zu freuen!

Dr. Froewis sagte mir unter anderem, dass sie wahrscheinlich 14 Tage Ernteurlaub erhalten dürften? Wie würde sich Ihr Mutterl freuen! Dann komm ich auch wieder einmal nach Rubring. Ich möchte Ihnen, wenn Sie nicht Lust haben, keinen Tag wegnehmen. Aber wenn Sie Lust haben, auch wieder einmal ein wenig am Werktisch zu sitzen, möchte ich Sie von folgendem nicht ohne Kenntnis lassen.

Der Sinn des in der Notzeit eisernen Edelweißabzeichnens hat sehr eingeschlagen. Und Geld tut an allen … und Enden not.

Da hat mich nun die Fürstin Starhemberg gebeten, für Zustandebringung eines oberösterreichischen Invalidenheimes eine Entwurf idee und ein Abzeichen umsonst beizutragen. Die Damen haben von meiner Skizze auch schon ein Klischee machen lassen, um gleich mit der Propaganda zu beginnen. Kleiner hatte sich schon seinerzeit angeboten, in solchen Fällen ganz zur Verfügung zu stehen.

Da dachte ich nun heute, wie günstig könnte da der Urlaub für etwas Nacharbeit werden. Oder wärs Ihnen lieber, wenn ich die Stangen für die Vorderseite und für eine rückwärtige Schriftprägung vom Christbauer nach Steyr schicken ließe?

Vielleicht ist Ihnen die Neuarbeit lieber als die Nacharbeit? Tief würd die Sache nicht. Schreiben Sie mir bald darüber oder ob Sie lieber die ganzen 14 Tage in Rubring und den Ihrigen widmen wollen.

Soll ich Ihnen jedenfalls etwas Geld schicken lassen?

Wenn Sie wirklich kommen können, finden Sie einen neuen Hausgenossen, den Holzbildhauer Hans Pontiller, einen Barwig-Schüler. Ich habe eine Ideeanregung gegeben, die dem Generaldirektor der Waffenfabrik so gefiel, dass sie ausgeführt wird. Eine 2 m 60 cm hohe Eichenfigur, ein „Steyrer Waffenschmied 1915“. Pontiller ist ein lieber Hausgenosse. Es wäre ihm nämlich sehr schwer geworden, in dem mit Waffenfabriksmenschen und Einjährigen Freiwilligen überfüllten Steyre ein Unterkommen zu finden.

Gestern hat mich in Linz auch Dr. Obermar.. , der 15. Juli einrückt, gebeten im Atelier wohnen zu dürfen, wenn er der Steyrer Einjährigen Schule zugeteilt wird. Dr. Obell ? ist bereits eingerückt (alles zweite Musterung).

Heute war ein Kunst-Schüler da, der auch nach Wien einrückt. Wie viele geschulte Menschen werden der Friedenstätigkeit entrissen. Haben Sie schon gehört, dass Maler Weißgärber gefallen ist?  Architekt Stumb  soll auch gefallen sein. Von Schulte  weiß ich momentan nichts. Er ist zum zweiten Mal im Feld. Wie es Rodler bei der zweiten Musterung erging, weiß ich noch nicht.

Also herzlichst auf Wiedersehen!

Ihr Michael Blümelhuber

Steyr, 23.6.15

Domweihfest in Linz 1. Mai 1924: Festwagen aus Steyr nach einer Idee von Blümelhuber

Verleihung des Ehrenringes von Kaiser Franz Josef I. an Michael Blümelhuber:

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